Linus S. Geisler: "Unhappy Doctors" – Wandel im Verhältnis zwischen Beruf, Patienten, Gesellschaft
Vortrag anlässlich des
Kammerkolloquiums der Ärztekammer Nordrhein: Damit der Job nicht krank
macht – Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten. Düsseldorf, 22. August
2009.
"Unhappy Doctors"
Wandel im Verhältnis zwischen Beruf, Patienten, Gesellschaft
Linus S. Geisler
Im Mai 2001 war ein ganzes
Heft des BMJ dem Thema "Unhappy Doctors" als weltweites Phänomen gewidmet.
Die Resonanz des Artikels
war überwältigend. Er schien das Lebensgefühl vieler Ärzte
sozusagen ins Mark getroffen zu haben. An die hundert Leserzuschriften
von Ärzten nahmen zu dem Editorial von Richard Smith Stellung.
Unglückliche Ärzte
– ein schlimmer Befund. Denn es ist anzunehmen, dass unglückliche
Ärzte keine glücklichen Patienten haben können, und unglückliche
Patienten ihre Ärzte nicht glücklich machen können – ein
verhängnisvoller Circulus vitiosus. Chronisch unglücklich zu
sein, muss sich auch negativ auf die Arztgesundheit auswirken.
Arbeits- und Berufszufriedenheit
von Ärzten sind nicht nur Beschreibungen der Befindlichkeit eines
Berufsstandes, sondern sie scheinen auch praktische Implikationen zu entfalten.
So gibt es Hinweise darauf, dass sie Auswirkungen auf die Therapie-Ädhärenz
(früher Compliance) der Patienten haben.
Natürlich ist nicht
davon auszugehen, dass alle Ärzte unglücklich sind, denn
in allen Systemen finden sich auch mehr oder minder viele glückliche
Ärzte. Auch scheinen nicht alle Gruppen innerhalb der Ärzteschaft
gleichmäßig betroffen zu sein. In den Führungspositionen
finden sich weniger unglückliche Kollegen als bei den angestellten
Mitarbeitern mit Zeitverträgen. Und Chirurgen scheinen vor Unglück viel stärker
gefeit zu sein als beispielsweise Internisten. Schließlich gibt es
regionale Unterschiede: So soll das Phänomen der "Unhappy Doctors"
in Norwegen kaum vorkommen.
Dies alles darf aber nicht
darüber hinwegtäuschen, dass breite Schichten der Ärzteschaft
in ihrem Beruf nicht glücklich sind.
Bevor eine Ursachenanalyse
versucht wird, scheint es jedoch sinnvoll zu sein, sich mit dem Begriff
"Unhappy Doctors" auseinanderzusetzen. Die Frage ist, ob "Unhappy Doctors"
mit "unglückliche Ärzte" zutreffend übersetzt ist. Ich habe
Zweifel. Unhappy bedeutet im Englischen ja nicht nur unglücklich,
sondern auch betrübt, elend oder unzufrieden. Ich mutmaße, dass
unglücklich in unserem Zusammenhang eher etwas ausdrücken soll,
was schon Freud in seiner Schrift: Das Unbehagen in der Kultur so
genannt hat: ein Unbehagen an einem Status quo, das vielfältige Wurzeln
hat und eher ein ungutes Lebensgefühl benennen soll.
Dieses Unbehagen trifft uns
freilich in der Breite wie in der Tiefe unseres Lebensgefühls. Es
wirkt sich auf unsere Berufszufriedenheit aus, unseren Elan, unsere Perspektiven
in Beruf und Privatleben, es macht uns zu Wesen, die alles in allem anders
sind und anders leben, leben müssen als das, was wir als Projektion
des Arztberufes ursprünglich vor Augen hatten.
Im Übrigen, da es auch
glückliche Ärzte gibt, stellt sich die uralte Frage danach, was
Glück ist. Die Antworten füllen Bibliotheken, was gegen einen
breiten Konsens spricht. Besonders nachdenkenswert ist für mich die
Definition von Glück, die Gottfried Benn in seinem Gedicht "Eure Etüden"
gibt. Er schreibt dort:
"... dumm sein und Arbeit
haben: | das ist das Glück." |
Bezieht man diese Glücksdefinition
auf Ärzte in der heutigen Zeit, dann scheinen diese allerdings kaum
zum Glück prädestiniert zu sein.
Dieses als Unglück apostrophierte
Unbehagen ist sehr komplexer Natur. Es nur durch hohe Arbeitsbelastung
und inadäquate Bezahlung erklären zu wollen, greift zu kurz.
Es gibt in jedem Arzt, der
gewillt ist, seinen Beruf ernsthaft auszuüben, den Bedürfnissen
seiner Patienten gerecht zu werden, primär ihr Wohl im Auge zu haben,
ein nahezu zeitloses Bild des Arztes, eine quasi archaische Vorstellung
vom guten Arzt. Nicht immer ist er sich dieses Arztbildes bewusst. Es kann
verschüttet oder verdrängt sein, aber nicht ausgelöscht
werden. Es mag historische und kulturelle Einflüsse geben, die dieses
innere Arztbild mitbestimmen, dennoch bleibt ein Kern, der sich nicht wandelt.
Am ehesten sind wir uns dieses
Arztbildes bewusst, wenn wir beginnen unseren Beruf zu erlernen oder wenn
wir anderen Ärzten begegnen, die dieses Bild beispielhaft leben.
Deswegen sind Ausbildung
und Vorbilder für die Sozialisation des Arztes von eminenter und unverzichtbarer
Wirkung.
Je mehr wir uns in unserem
ärztlichen Handeln, Denken und Streben von diesem inneren Arzt entfernen,
je größer die Differenz zwischen ihm und der Wirklichkeit wird,
desto stärker entwickelt sich in uns ein Spannungsbogen, der für
unser Unglücklichsein oder Unbehagen verantwortlich ist.
Alles was die Wirklichkeit
des ärztlichen Lebens in Widerspruch zu dem zeitlosen Arzt in uns
bringt, verstärkt diese verhängnisvolle Spannung, macht uns unzufrieden,
freudlos und vielleicht auch krank. Alles was geeignet ist, diesen Widerspruch
zu verringern, kann zur beruflichen und persönlichen Zufriedenheit
beitragen. Dieser Auftrag kann nicht einseitig adressiert werden: Er richtet
sich an uns und unsere Lehrer, an unsere Patienten, an die politisch für
das Gesundheitssystem Verantwortlichen, an die Gesellschaft mit ihren Ansprüchen
und Utopien.
Insbesondere Berufsanfänger
und jüngere Ärzte erleben die Ökonomisierung ihres Berufs
als enttäuschend und traumatisch. Eine junge Kollegin schreibt, als
"Geschichtenerzähler oder Jongleur" komme sie sich vor, wenn sie statt
Patienten zu betreuen, am Computer die für das Haus kostenträchtigste
Hauptdiagnose zu finden versuche. "Nicht selten behandele ich nur Diagnosen
auf dem Papier – und erreiche dabei gar nicht den Menschen" klagt ein Berliner
Assistenzarzt.
Vorgesetzte als Vorbilder
haben Seltenheitswert. Eher stellt sich das Gefühl ein, gerade von
ihnen in Stich gelassen zu werden. Eine junge Kollegin, die ihren Chef
um Rat bat, weil sie mit ihrer Arbeit nicht zurande kam, erhielt die knappe
Empfehlung: "Dann reden Sie einfach weniger mit Ihren Patienten."
"Man wird verbittert und
verliert seine Menschlichkeit" ist das Resümee eines Medizinstudenten
im Rahmen einer Befragung der Uni Bochum. Ein anderer Studienteilnehmer
stellt bündig fest: "Medizin studieren ist Masochismus" ein verheerendes
Fazit, da es als sicher gelten kann, dass die meisten Studienanfänger
im Fach Medizin primär psychosozial interessiert und altruistisch
ausgerichtet sind.
Eine Befragung im Auftrag
des NAV-Virchow-Bundes unter 5 750 niedergelassenen Ärzten verschiedener
Fachgruppen 2002 ergab über deren berufliche Belastungen und ihr Befinden
folgendes Bild:
-
Durchschnittlich arbeiten die
Ärzte 55 Stunden in der Woche und versorgen 255 Patienten.
-
59 Prozent der Ärzte geben
an, ausgelaugt zu sein,
-
49 Prozent haben Schlafdefizite,
und
-
57 Prozent essen nicht regelmäßig.
-
20 Prozent sind oft sehr verzweifelt,
und
-
26 Prozent würden am liebsten
alles hinwerfen.
-
Das Privatleben wird bei 69
Prozent der niedergelassenen Ärzte als unbefriedigend beschrieben,
und
-
nur 21 Prozent haben genügend
Zeit zur Wahrnehmung persönlicher Interessen.
Sehen so glückliche Ärzte aus?
40-50 Prozent der approbierten
Ärztinnen und Ärzte landen in nichtkurativen Sparten der Medizin:
Gesundheitsökonomie, Forschung, Pharmaindustrie. Patientenferne als
Fluchtweg vor einer beängstigenden Realität in Klinik und Praxis?
Die Ökonomisierung des
Gesundheitssystems greift unvermeidbar tief in die Arzt-Patient-Beziehung
ein.
Die Diagnosebildung, die
klassischerweise auf sorgfältiger Anamneseerhebung, körperlicher
Untersuchung und technischer Diagnostik beruht, wird mehr und mehr durch
andere, nichtmedizinische, nämlich ökonomische Determinanten
mitbestimmt, die kaum mehr im Interesse des Patienten, wohl aber des Krankenhausträgers
oder der Kassen liegen. Nichtärztliche Faktoren interferieren bei
Diagnosestellung und Therapie:
-
Das Interesse der Kassen wächst,
möglichst viele Kassenmitglieder mit komplizierten chronischen Krankheiten
zu versichern, um vermehrt aus dem Gesundheitsfond Mittel abzuschöpfen.
Der Druck auf die behandelnden Ärzte durch immer ausgefeiltere Codifzierung
aus unkomplizierten chronisch Kranken, solche mit möglichst vielen
Komplikationen und Nebenbefunden zu "erzeugen" wächst. Das Schlagwort
von den "Papier-Chronikern", die den Gesundheitsfond zusätzlich belasten,
ist in der Diskussion.
-
Das DRG-System (Diagnosis Related
Groups, d. h. diagnosebezogene Fallgruppen) bezeichnet ein im Kern ökonomisches
Klassifikationssystem, bei dem Patienten anhand ihrer Diagnosen und der
durchgeführten Behandlungen in Fallgruppen klassifiziert werden, die
nach dem für die Behandlung erforderlichen ökonomischen Aufwand
unterteilt und bewertet wurden. Diagnosen werden nunmehr codiert, nicht
gestellt.
Es gibt berechtigte Zweifel
daran, ob dieses aufwendige System sowohl das Diagnosespektrum wie auch
die tatsächliche Behandlung zutreffend abbildet. Die Diagnosestellung
als primär ärztliche Leistung interferiert nun erstmalig in wenig
transparenter und fragwürdiger Weise mit ökonomischen Interessen.
Unter den ökonomischen
Einflüssen spielt der Wettbewerb für Lebensgefühl und Berufszufriedenheit
vor allem der Klinikärzte eine wesentliche Rolle. Wettbewerb in der
Medizin ist politisch gewollt, wird gefördert und ist längst
Realität. Devise: Was sich nicht rechnet, findet nicht statt. Empathie,
Zuwendung, Eingehen auf den Kranken – rechnen sie sich? Menschliches Einfühlungsvermögen
und Zuwendung sind nicht ökonomisierbar. Und überall wo es in
der Ökonomie Gewinner gibt, gibt es zwangsläufig auch Verlierer.
Meistens sind es die Schwächsten im System: die Patienten aber auch
die Ärzte.
Kostendämpfung wird
zum vorrangigen gesundheitspolitischen Ziel.
Die persönliche Begegnung
mit dem kranken Menschen wird durch Arbeitsdichte, Druck zur Kostensenkung
und "Verschlankung" von Leistungen behindert. Dabei ist sicher, dass Personalmangel
und Überforderung das höchste Risiko für die Patientensicherheit
darstellen.
Schon heute ist, nach Befragungen,
die Sorge der Patienten groß, dass der Arzt der Zukunft viel mehr
Gesundheitsmanager und Gesundheitsökonom als Therapeut und Heiler
sein wird.
Der amerikanische Professionssoziologe
Eliot Freidsonhat Autonomie als die entscheidende Energiequelle jeder Profession
herausgefunden: The very soul of professionalism. Aber der Gestaltungsspielraum
in den Heilberufen wird enger und enger.
Hohe Verantwortung und geringe
Kontrollmöglichkeiten kennzeichnen die berufliche Realität.
Die Beziehung zwischen Arzt
und Patient, so die englischen Autoren Kornacki und Silversin, beruhe auf
einem falschen Bündnis:
Die falsche Beziehung aus
Sicht der Patienten
-
Die moderne Medizin leistet
Bemerkenswertes: Sie kann viele meiner Probleme lösen
-
Du, der Arzt, kannst in mich
hineinsehen und erkennst, was falsch ist
-
Du weißt alles, was man
wissen muss
-
Du kannst meine Probleme lösen,
sogar meine sozialen Probleme
-
Daher gewähren wir dir
einen hohen Status und ein gutes Einkommen.
Die falsche Beziehung aus Sicht
der Ärzte
-
Die moderne Medizin hat ihre
Grenzen
-
Noch schlimmer: sie ist gefährlich
-
Wir können nicht alle Probleme
lösen, besonders nicht die sozialen
-
Ich weiß nicht alles,
aber ich weiß, wie schwierig vieles ist
-
Die Balance zwischen Helfen
und Schaden ist schwierig
-
Ich halte hierzu lieber meinen
Mund, um meine Patienten nicht zu enttäuschen und meinen Status nicht
zu gefährden
Der Vorschlag von Kornacki und
Silversin für eine neue Beziehung lautet:
Patienten und Ärzte
wissen gleichermaßen:
-
Tod, Krankheit und Schmerzen
sind Teil des Lebens
-
Medizin hat ihre beschränkten
Möglichkeiten, besonders beim Lösen sozialer Probleme und ist
zudem riskant
-
Ärzte wissen nicht alles:
Sie brauchen Unterstützung bei der Entscheidungsfindung sowie psychologische
Hilfen
-
Wir sitzen alle in einem Boot
-
Patienten können ihre Probleme
nicht bei Ärzten abgeben
-
Ärzte sollten ihre Grenzen
kennen
-
Politiker sollten blumige Versprechungen
unterlassen und sich mit der Realität auseinandersetzen.
Die Inhalte dieser "neuen" Beziehung
erscheinen durchaus überlegenswert, ihre Vermittlung allerdings (wie?
durch wen?) wird nicht leicht sein.
Eine Patentlösung wird
es nicht geben, nicht geben können. Ökonomisierung ist bei dem
wirtschaftlichen Umfang des Gesundheitswesens nicht mehr verzichtbar. Es
wird also vorwiegend um Begrenzungen gehen müssen. Grenzen sind dort
erreicht, wo das primäre Ziel der Medizin, zu heilen oder zumindest
zu helfen, aufgeweicht wird, wo der Patient nicht mehr Subjekt, sondern
nur noch Objekt ist.
Als Ärzte sollten wir
nicht nur immer fragen, wer und was alles zusammenwirken muss, um ein Klima
in der Medizin zu verhindern, das unglücklich macht und lähmendes
Unbehagen auslöst. Hier lassen sich viele Gruppen und Faktoren benennen.
Wir müssen zuerst fragen, was wir selbst beitragen können.
Dazu wird es zunächst
nötig sein, sich selbst und die eigene Profession kritisch zu analysieren.
In einem der am meisten gelesenen Artikel des Deutschen Ärzteblattes
hat der Arzt und Politologe Ekkehard Ruebsam-Simon 2002 ein Psychogramm
des deutschen Arztes erstellt, das sicher nicht perfekt ist, aber der Realität
in einer Weise nahe kommt, dass sie hilfreiche Folgerungen in Aussicht
stellt:
-
Individuation und Sozialisation
der Ärzte fördern
isolierte und autistische Verhaltensmuster.
-
Angstgesteuertes Verhalten
und Mangel an Zivilcourage sind bestimmende Reaktionen.
-
Es finden sich Züge, die
an das anklingen, was Erich Fromm als "Die Furcht vor der Freiheit"
beschrieben hat.
-
Solidarische Verhaltensweisen
tun sich schwer.
-
Der Mut zur Opposition
ist wenig ausgebildet.
-
Politisches Engagement
in einem ausgeprägt politisch bestimmten Beruf ist selten. Unter den
rund 600 Bundestagsabgeordneten der letzten Legislaturperiode waren vier
Ärzte, aber über 80 Juristen und über 70 Lehrer.
-
In Wirtschaftsfragen
sind Ärzte zumeist erschreckend unerfahren.
-
In den Kliniken herrschen dysfunktionale
Hierarchien, die Ausbildung dort führt dementsprechend zu weiterwirkendem
autoritären Verhalten.
-
Das Ausbildungssystem
in der Medizin und der ärztliche Alltag in Klinik und Praxis zeigen
vielfach nur eine mangelhafte Kompatibilität.
Ein englischer Hausarzt im Ruhestand,
Julian Hart, hat eine bedenkenswerte und typische Bilanz seines Berufslebens
gezogen: Das Medizinstudium habe ihn nicht besonders gut auf seine Tätigkeit
als Assistenzarzt im Krankenhaus vorbereitet. Die Krankenhaustätigkeit
wiederum sei nur eine unzulängliche Vorbereitung auf die Aufgaben
als niedergelassener Allgemeinarzt gewesen. Eigentlich habe er dreimal
eine Ausbildung als Arzt beginnen müssen.
Managementqualitäten
und ökonomisches Denken, juristische Grundlagen, Kenntnis ethischer
Prinzipien und kommunikatives Können werden dem Arzt abverlangt, ohne
dass er dafür eine systematische Ausbildung erfahren hat.
Wenn es darum geht, einem
tiefgreifenden Unbehagen der Ärzteschaft in der Medizin entgegenzuwirken,
stellt sich die Frage: Welcher Arzt ist gefragt? Die Antwort kann nur lauten:
Der "gute Arzt".
Der gute Arzt kennt Mut und
Demut. Mut heißt in erster Linie Zivilcourage. Er hat den Mut, sich
einem Wandel des ärztlichen Selbstbildes auszusetzen, und ist doch
couragiert genug, sich drohenden institutionellen Einbindungen und Zwängen
nicht kampflos zu unterwerfen. Wo er ökonomischen Pressionen ausgesetzt
ist, beachtet er das Wohl seiner Patienten und Mitstreiter als unüberschreitbare
Grenze. Er ist bemüht, zwischen vernünftigen Zukunftsvisionen
der Wissenschaft und Utopien zu unterscheiden, die gegen Menschenwürde
und menschliches Leben gerichtet sind. Er ist demütig, oder sagen
wir unpathetischer bescheiden genug, seine eigenen Grenzen und die seiner
Profession anzuerkennen.
Dieser Arzt ist zuerst Anwalt
seiner Kranken.
Dieser Arzt ist ein starker
Arzt. Jedenfalls kann er gemeinsam mit den anderen stärker sein, als
er es in einem autistischen Eigenleben je vermutet hat.
Ich weiß nicht, ob
dieser Arzt immer glücklich sein wird. Ich bezweifle es sogar.
Aber ich bin sicher, er wird weniger unglücklich sein als viele der
heutigen Ärzte. Und dies wird mit Sicherheit auch seiner Gesundheit
zugutekommen und der Zufriedenheit seiner Patienten.
Literatur:
[1] Smith R: Why are doctors so unhappy? BMJ Volume 322 5 May 2001 1073-1074 [2]
Gebuhr K, Brendan-Schmittmann-Stiftung: Die vertragsärztliche Gegenwart
im Lichte des Burnout-Syndroms; Die wirtschaftliche Entwicklung und die
ärztliche Selbstverwaltung in der vertragsärztlichen Meinung, Berlin,
Mai 2002. [3]
Leidner O: Wettbewerb im Gesundheitswesen: Was sicht nicht rechnet,
findet nicht statt. Dtsch. Ärzteblatt 2009; 106, Heft 28-29, 1208-1212 [4] Edwards
H, Kornacki M J, Silversin J:
Unhappy doctors: what are the causes and what can be done? BMJ.
2002 April 6; 324(7341): 835–838 [5] Ruebsam-Simon E: Arztberuf in der Krise:
Veränderung beginnt im Kopf. Dtsch Ärztebl
2002; 99(43): A-2840 / B-2415 / C-2261
[6] Geisler LS: Der gute Arzt. Auf der Suche nach
einem verlorenen Ideal? Symposium am 24. März 2004 in Werneck.
URL: http://www.linus-geisler.de/vortraege/0403guter_arzt.html |
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Linus S. Geisler: "Unhappy Doctors" – Wandel im Verhältnis zwischen Beruf, Patienten, Gesellschaft |
Vortrag anlässlich des
Kammerkolloquiums der Ärztekammer Nordrhein: Damit der Job nicht krank
macht – Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten. Düsseldorf, 22. August
2009. |
URL: http://www.linus-geisler.de/vortraege/0908aekno_unhappy-doctors.html |
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