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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN © 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
... 2.3.1.1 Herzinsuffizienz (Fortsetzung)
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Die sog. "vier großen D" bilden die Grundpfeiler der Behandlung der Herzmuskelinsuffizienz:
Diuretika, Dilatatoren (Vasodilatatoren = gefäßerweiternde Substanzen), Digitalis und Diät.
Natürlich muss gleichzeitig die Ursache der Herzinsuffizienz geklärt und, soweit dies möglich ist, behoben werden. So muss ein hoher Blutdruck, der eine Drucküberlastung des linken Herzens darstellt, gesenkt, ein Herzklappenfehler (bei vertretbarem Operationsrisiko) operiert oder eine Schilddrüsenüberfunktion in eine euthyreote Stoffwechsellage abgesenkt werden. Die Therapie der Herzinsuffizienz hat in den letzten Jahren einen wesentlichen Wandel erfahren, da man neben der Steigerung der Kontraktionskraft (z.B. durch Digitalis) mehr Wert auf Entlastung des Herzens durch Senkung der Vor- und Nachlast durch Vasodilatantien legt.
Der Mensch nimmt in zivilisierten Ländern täglich etwa 12-15 g Kochsalz (Natriumchlorid) mit der Nahrung zu sich. Diese Salzmenge ist imstande, etwa 1,5 l Wasser zu binden. Bei den meisten Ödempatienten wird eine sog. natriumarme Kost, die bis zu 3 g Natriumchlorid enthalten darf, ausreichen. In schweren Fällen muß eine streng natriumarme Kost, d.h. maximal 1 g Natriumchlorid täglich, eingehalten werden. Diese kann praktisch nur in Diätküchen und nicht im Privathaushalt hergestellt werden. Eine natriumfreie Kost im strengen Sinne des Wortes gibt es nicht. Da mittels Saluretika eine intensive Natriumausscheidung erzielt werden kann, ist bei ambulanten Herzpatienten eine streng natriumarme Kost weder nötig noch erstrebenswert. Über den genauen Natriumgehalt der verschiedenen Nahrungsmittel gibt es zahlreiche Tabellen. Die Grundzüge einer natriumarmen Diät, die dem Patienten bekannt sein sollten, gehen aus der folgenden Aufzählung hervor. Eine kochsalzarme Kost kann durch verschiedene Kräuter und Gewürze durchaus schmackhaft zubereitet werden.
Diätetische 
Therapiemaßnahmen
Natriumarme Kost und
Flüssigkeitsrestriktion
Die Grundzüge der natriumarmen Diät sind:
•  Vermeiden von Fleisch und Fisch in Konserven, Schinken, Wurst und Käse.
•  Das Salzfass beim Kochen und bei Tisch nicht gebrauchen!
•  Unbedenklichkeit von Reis, Haferflocken, Grieß, Kartoffeln, Frischgemüse, Früchte, Schweineschmalz, Palmin, Öl, Zucker, Kaffee.
•  Natriumfreies Diätsalz, z. B. Sina-Salz, Ambisalz.
Sowohl strenges Dursten als auch übermäßige Flüssigkeitszufuhr müssen vermieden werden. In der Regel ist eine tägliche Flüssigkeitsmenge, die 0,5 l über der Diuresemenge des Vortages liegt, am günstigsten. Ein Kaliummangel unter Diuretikabehandlung kann medikamentös oder diätetisch angegangen werden: z.B. 2-3mal täglich ein Glas Orangen-, Tomaten- oder Grapefruitsaft. Viel Kalium enthalten auch getrocknete Früchte (Pflaumen, Datteln, Aprikosen) und Bananen (Nachteil: hoher Kaloriengehalt). Am billigsten und einfachsten kann der Kaliumbedarf durch Kartoffeln (etwa 1 Pfund täglich) gedeckt werden. Berechnung der
Flüssigkeitszufuhr
Bei Ödemen, wie sie eine Herzinsuffizienz hervorrufen kann, wird Wasser, gebunden an Natrium, im Körper eingelagert. Die Ödeme können daher nur beseitigt werden, wenn der Natriumbestand abnimmt. Dies kann auf zwei Wegen erreicht werden:
•  Verringerung der Natriumzufuhr in der Nahrung,
  verstärkte Natriumausscheidung über den Urin.
Medikamentöse
Therapiemaßnahmen:
Diuretika
Abb. 10: Therapie der Herzinsuffizienz
Abb. 10
Abb. 10
Bei der Ödembehandlung werden beide Methoden, die diätetische Verringerung der Natriumzufuhr und die medikamentöse verstärkte Natriumausscheidung über den Harn, angewandt (s. Abb. 10). Diuretika sind Substanzen, die durch eine erhöhte Natriumausscheidung zu einer Zunahme der Harnausscheidung (Diurese) führen und so eine Ödemausschwemmung bewirken. Die häufig eingesetzten Diuretika zur Behandlung kardialer Ödeme sind Furosemid (Lasix®) und Piretamid (Arelix®) als sog. Schleifendiuretika und als Thiaziddiuretika Hydrochlorothiazid (Esidrix®) oder Butizid (Saltucin®) bzw. als Thiazidanaloga Clopamid (Brinaldix®) oder Xipamid (Aquaphor®).
Diuretika, insbesondere vom Typ des Furosemid (Lasix®), entfalten über einen weiteren Mechanismus einen günstigen Effekt bei Herzinsuffizienz: Indem sie zu einer teilweisen Verlagerung von zirkulierendem Blut in die Speichergefäße des venösen Kreislaufs führen (sog. venöses pooling), verringern sie das venöse Angebot zum Herzen und senken dadurch die Vorlast.
Wirkungsweise der
Diuretika
Leider führen alle Saluretika zu einer mehr oder minder starken Kaliumausscheidung, so dass schließlich ein Kaliummangel im Serum (Hypokaliämie) und, was noch ungünstiger ist, in den Zellen selbst (Hypokalie) entstehen kann. Der Kaliummangel hat zwei Gefahren: Einerseits führt er zu Müdigkeit, Appetitmangel und Muskelschwäche, die bis zu Lähmungen gehen kann, andererseits wird das Herz digitalisempfindlicher, so dass bereits bei normalen Digitalisdosen Herzrhythmusstörungen auftreten können. Bei längerer Saluretikabehandlung muß daher Kalium medikamentös (z.B. Kalinor®, Rekawan®) oder durch Diät zugeführt werden. Eine Alternative stellt die Behandlung mit sog. kaliumsparenden Diuretika in Kombination mit einem Saluretikum dar. Beispiele: Moduretik® oder Dytide® H. Symptome des
Kaliummangels
Aldosteronantagonisten: Bei der Entwicklung kardialer Ödeme spielt auch eine vermehrte Sekretion des Nebennierenrindenhormons Aldosteron (Hyperaldosteronismus), das eine Natriumretention bewirkt, eine Rolle. Medikamente, die die Aldosteronwirkung hemmen, werden Aldosteronantagonisten genannt (z.B. Aldactone®, Osyrol®). Therapie
Der Effekt der diuretischen Therapie kann am exaktesten durch die Bilanzierung der Flüssigkeitseinfuhr und -ausfuhr (Diurese) sowie durch regelmäßige Gewichtskontrollen erfaßt werden.
Therapiekontrolle durch
Flüssigkeitsbilanzierung
Vasodilatantien sind gefäßerweiternde Medikamente, die Vor- und Nachlast senken können, wie z.B. Nitrate (Isoket®). Sie führen zu einer Entlastung des Herzens (s. Abb. 10). Die Senkung der Nachlast kann akut sehr gut mit Nitraten (z.B. Nitroglyzerin, Isoket®) erreicht werden, die auch die Vorlast reduzieren. Daher ist die Gabe von Nitraten beim Lungenödem, der schwersten Form der akuten Lungeninsuffizienz, eine der wichtigsten therapeutischen Maßnahmen in dieser Notfallsituation. Vasodilatantien
Zunehmend Verwendung in der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz finden die so genannnten ACE-Hemmer wie zum Beispiel Captopril (Lopirin®) oder Enalapril (Pres®, Xanef®). Sie bewirken eine Hemmung der Umwandlung von Angiotensin I in das stark blutdrucksteigernd wirkende Angiotensin II. Ihre Hauptindikation ist die arterielle Hypertonie, zunehmend aber auch die chronische Herzinsuffizienz. Durch Weitstellung des arteriellen Gefäßsystems und durch die damit verbundene Senkung der Nachlast führen sie zu einer Entlastung des insuffizienten linken Ventrikels. Außerdem verringern sie die negativen Effekte der im Rahmen einer Herzinsuffizienz immer bestehenden Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. ACE-Hemmer sind bis heute die einzigen Substanzen, die imstande sind, die Lebenserwartung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz zu verlängern.
Wirkungsweise der
Vasodilatantien
1775 erfuhr der englische Arzt WILLIAM WITHERING von einer Kräutermischung, mit welcher eine alte Frau "Wassersüchtige" heilte, bei denen Ärzte nichts mehr ausrichten konnten. Durch eigene Untersuchungen erkannte WITHERING, dass die wirksamen Pflanzen dieser Kräutermischung weißer und roter Fingerhut (Digitalis lanata und purpurea) waren. 10 Jahre später veröffentlichte er seine berühmte Schrift über die Behandlung der Wassersucht "An account oft the foxglove and some of it's medical uses". Digitalis
WITHERING hat Digitalis, eines der wichtigsten Herzmedikamente, in die Klinik eingeführt. In gleicher Weise wie Digitalis wirkt auch Strophanthin, das in den Samen der in Afrika als Pfeilgift gebräuchlichen Strophanthusarten gefunden und 1904 von FRAENKEL in die Therapie eingeführt wurde. Digitalis und Strophanthin werden als Herzglykoside bezeichnet. Allerdings wird Strophanthin nur noch selten eingesetzt. Von untergeordneter Bedeutung sind Glykoside anderer Pflanzen, wie der Meerzwiebel (Scilla maritima), des Maiglöckchens (Convallaria majalis) oder des Adonisröschens (Adonis vernalis).
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Die Hauptwirkung der Herzglykoside besteht in einer Steigerung der Konzentrationskraft der Herzmuskulatur. Dies geschieht durch eine Verkürzung der Systole, was zu einer besseren Entleerung der Herzkammern führt. Die daraus resultierende Verlängerung der Diastole bewirkt eine bessere Entleerung der gestauten venösen Abschnitte sowie eine Zunahme der Koronardurchblutung. Da das Herz nun wirtschaftlicher arbeitet, sinkt gleichzeitig die Herzfrequenz ab; die frequenzsenkende Wirkung des Digitalis beruht z.T. auf einer Aktivierung des Vagusnerven. 
Klinische Zeichen der Glykosidwirkung bei der Herzinsuffizienz: Rückgang der Stauungszeichen, Abnahme der Herzgröße, Absinken der Herzfrequenz, Besserung der Atemnot und Zunahme der Diurese, weil nunmehr die Ödeme als Folge einer verbesserten Herzleistung ausgeschwemmt werden.
Wirkungsweise der
Digitalis
Vor allem bei Überdosierung können Herzglykoside jedoch auch erhebliche Nebenwirkungen entfalten: Die Erregungsleitung im Reizleitungssystem wird, u.U. bis zur totalen Blockade (partieller oder totaler AV-Block), gebremst und die Entstehung von Extrasystolen gefördert. Typisch ist das Auftreten eines sog. Bigeminus (Zwillingspuls) bei Überdigitalisierung: Jeder normalen Systole folgt eine Extrasystole. Beim Pulsen tastet man zwei aufeinander folgende Schläge, die von einer Pause gefolgt sind. Außerdem können Appetitlosigkeit, quälende Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und Sehstörungen (Augenflimmern, Farbsehen, Doppelbilder) auftreten. Bei Appetitlosigkeit und Übelkeit alter Menschen muss daher immer auch an eine Überdigitalisierung gedacht werden! Diese charakteristischen Zeichen der Digitalisüberdosierung, die schon ab dem 1,5fachen der normalen Dosis auftreten können, müssen dem Pflegepersonal bekannt sein. Das Auftreten einer Bradykardie und Bigeminie bei digitalisbehandelten Herzpatienten muss daher umgehend dem Arzt mitgeteilt werden. Nebenwirkungen
von Digitalis
Symptome bei
Überdigitalisierung
Sauerstoff- und Kaliummangel (Hypokaliämie) begünstigen das Auftreten digitalisbedingter Rhythmusstörungen. Bei Niereninsuffizienz kann es infolge verminderter Digoxinausscheidung über die Nieren schon bei "normaler" Dosierung zur Überdigitalisierung kommen. Wegen ihrer schmalen therapeutischen Breite und ihrer Nebenwirkungen werden Digitalisglykoside immer seltener zur Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt. Als Hauptindikation gilt die schnelle Form der absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Die Digitalisdosis, die gegeben werden muss, um eine volle therapeutische Wirkung zu erzielen, heißt Sättigungsdosis. Die Sättigungsdosis für Digoxin und Digitoxin beträgt 1-2 mg. Sie sollte nur bei lebensbedrohlichen Fällen innerhalb eines Tages (rasche Sättigung) gegeben werden. Eine langsame Aufsättigung erzielt man, wenn für zwei Tage die doppelte Erhaltungsdosis von Digoxin verabreicht und dann mit der Erhaltungsdosis weiter behandelt wird. In nicht dringlichen Fällen kann von Anfang an mit der Erhaltungsdosis begonnen werden - dies gilt jedoch nur für Digoxin. Da täglich durch Abbau und Ausscheidung von Glykosiden eine gewisse Digitalismenge verloren geht (sog. Abklingquote), muss eine entsprechende tägliche Erhaltungsdosis gegeben werden (s. Tab. 10). Bei Glykosiden mit geringer Abklingquote, z. B.Digitoxin, ist die Gefahr der Anhäufung, der sog. Kumulation des Glykosids, und damit der Vergiftung, am größten. Da Strophanthin per os nur in geringen Mengen resorbiert wird, muß es parenteral, d.h. im allgemeinen i. v. gegeben werden. Die anderen Glykoside können oral und parenteral verabreicht werden.
Digitalisindikationen
Digitalisdosis
Eine wertvolle Hilfe zur Erkennung von Digitalisunter- oder -überdosierung sowie Digitalisintoxikationen stellt die Bestimmung des Digitalisspiegels im Blut dar. Die therapeutischen Blutspiegel betragen für Digoxin 0,5-2,0 ng/ml, für Digitoxin ca. 20 ng/ml. Zeichen der Digitalisintoxikation können schon bei Digoxinspiegeln wenig über 2,0 ng/ml auftreten. Die "therapeutische Breite" von Digitalis ist also recht gering. Da Digoxin zum größten Teil über die Nieren ausgeschieden wird, muß bei Niereninsuffizienz die Dosis reduziert werden, um eine Überdigitalisierung zu vermeiden (z.B. nur die halbe Digoxin-Dosis bei Serumkreatininwerten zwischen 1,5-2,0 mg%).
Häufig eingesetzte Handelspräparate sind Digitoxin (Digimerck®), ß-Acetyldigoxin (Novodigal®), ß-Methyldigoxin (Lanitop®) und Digoxin (Lanicor®). Für die Langzeitbehandlung der Herzinsuffizienz wird meist Digoxin per os verwandt.
Bestimmung des Digitalis-
spiegels im Blut
Tab. 10: Die wichtigsten Herzglykoside
Herzglykosid Handelsname Aufsättigung - Erhaltungsdosis
Dauer Dosis
Digoxin Lanicor® 2 Tage 0,75 mg 0,375mg
ß-Methyldigoxin Lanitop® 2 Tage 0,40 mg 0,20 mg
ß-Acetyldigoxin Novodigal® 2 Tage 0,60 mg 0,20 mg
Digitoxin Digimerck® 4 Tage 0,40 mg 0,10 mg
Dosierung mit mittelschneller Aufsättigung und normaler Nierenfunktion (Modif. nach K. Kochsik u. Mitarb.)
Tab. 10
Merke: Digitalisglykoside dürfen nicht gleichzeitig mit Calcium intravenös injiziert werden.
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Dobutamin (Dobutrex®) steigert über eine Stimulierung des sympathischen Nervensystems die Kontraktionskraft des Herzens. Es kann nur als Infusion appliziert werden und wird daher vorzugsweise zur Behandlung schwerster Herzinsuffizienzformen auf der Intensivstation eingesetzt. Amrinon (Wincoram®) und Enoximon (Perfan®) zählen zu den sog. Phosphodiesterasehemmern und haben keine Katecholamin- oder Glykosidwirkung. Phosphodiesterasehemmer können kurzfristig bei sonst therapierefraktärer Herzinsuffizienz parenteral (Intensivstation) eingesetzt werden. Sie entfalten ihre Wirkung durch Steigerung der Kontraktilität des Myokards und Senkung der Nachlast.
Medikamentöse
Therapie bei schwerer
Herzinsuffizienz
Da bei schwerer chronischer Herzinsuffizienz ein stark gesteigerter Sympathikusantrieb besteht, der auch für die Tachykardie mitverantwortlich ist, werden neuerdings bei bestimmten Formen der Herzinsuffizienz, z.B. bei Kardiomyopathien, Betarezeptorenblocker in sehr niedriger Dosierung zur Hemmung des Sympathikus eingesetzt. Betarezeptorenblocker
Bei thrombosegefährdeten Patienten, d.h. bei thromboembolischen Erkrankungen in der Anamnese, Adipositas oder Varikosis, ist während der Phase der Bettruhe und Ödemausschwemmung eine Thromboseprophylaxe mit Antikoagulantien, z.B. low-dose-Heparingaben, erforderlich. Ausgedehnte Pleura- und/oder Perikardergüsse machen eine Entlastungspunktion erforderlich. Weitere
Therapiemaßnahmen
Hauptziel der Therapie muß die rasche Entlastung des linken Ventrikels sein. Sie kann erreicht werden durch Minderung des venösen Angebotes zum linken Herzen (Diuretika, Nitrate). Eine massive Druckbelastung des Herzens (z.B. hypertensive Krise) muss durch Senkung des Blutdrucks verringert werden. Durch die intravenöse Gabe von ß1-Stimulatoren, wie zum Beispiel Dobutamin (Dobutrex®), ist eine Steigerung der Herzkraft erzielbar. Weitere wichtige Maßnahmen sind Sedierung, Sauerstoffgaben, Digitalisierung, Freimachen der Atemwege und eventuell künstliche Beatmung mit Überdruck (s. Tab. 11: Sofortmaßnahmen beim Lungenödem). Die akut-bedrohliche Situation beim Lungenödem läßt sich häufig rasch beherrschen, die Langzeitprognose ist jedoch, insbesondere bei Rezidiven, schlecht. Therapie des
Lungenödems
Tab. 11: Sofortmaßnahmen beim Lungenödem
1. Hochlagern des Oberkörpers Tieflagern der Beine
2. Diuretika (z. B. Lasix® i. v.)
3. Nitrate i. v. oder Nitrolingual-Spray
4. Sedierung (Morphin i. v., Valium i. v.)
5. Sauerstoff 2-4 l/min
Abnahme des venösen Angebotes zum Herzen 
Senkung von Vor- und Nachlast
6. Dobutamin (Dobutrex® i. v. (ca. 4 µg/min)
7. Digitalis
8. Freimachen der Atemwege (Absaugen)
9. Bei hypertensiver Krise: rasche RR-Senkung (z.B.  Calciumantagonisten p. o., Catapresan® i. m./i. v.) 
10. evtl. Überdruckbeatmung
Steigerung der Herzkraft
Tab. 11
Die Prognose der chronischen Herzinsuffizienz ist nach wie vor schlecht, da die zugrundeliegenden Ursachen, wie koronare Herzkrankheit und/oder hypertensive Herzerkrankung, weiterbestehen. Lediglich die Behandlung mit ACE-Hemmern hat in letzter Zeit zu einer sicheren Prognoseverbesserung geführt. Prognose der chronischen
Herzinsuffizienz
Liegt eine manifeste Herzinsuffizienz vor, so beweist dies, dass das geschädigte Herz weit über seine Leistungsfähigkeit beansprucht wird. Eine weitgehende Entlastung muß also das Hauptziel sein, weshalb zunächst strenge Bettruhe indiziert ist. Alle vermeidbaren körperlichen und psychischen Belastungen sollten vom Herzpatienten möglichst ferngehalten werden. Die ideale Lagerung ist die sog. Herzbettlagerung, wobei sich der Oberkörper entsprechend dem Grad der Orthopnoe aufrecht lagern läßt und die Beine tief liegen, ohne dass der Patient zum Bettende rutscht und so ständig Kraft aufwenden muß, um seine Lage zu korrigieren. Bei hochgradiger Atemnot ist eine halbsitzende Lagerung am günstigsten. Zunächst passive, später aktive krankengymnastische Behandlung zur Vermeidung von Beinvenenthrombosen, die gerade während der Phase der Ödemausschwemmung besonders leicht auftreten können, ist erforderlich. Die wichtigsten pflegerischen Maßnahmen sind in s. Übersicht 9 aufgeführt. Pflegerische Maßnahmen
Übersicht 9: Pflege bei chronischer Herzinsuffizienz
Hauptziele sind die körperliche und seelische Entlastung des Patienten und das Vermeiden einer Überwässerung!
•  Körperliche Schonung, anfangs ggf. strenge Bettruhe, später gezielte Mobilisierung;
•  Lagerung mit erhöhtem Oberkörper ("Herzbett");
•  leicht verdauliche, salzarme, nichtblähende Speisen (mehrere kleine Mahlzeiten);
•  Trinkmenge und Flüssigkeitszufuhr insgesamt exakt einhalten und protokollieren (Einfuhrkontrolle), da fast alle chronisch herzinsuffizienten Patienten tendenziell zuviel Flüssigkeit zu sich nehmen;
•  genaue Bilanzierung, regelmäßig Kontrolle des Körpergewichts;
•  Kontrolle der Vitalzeichen;
•  Sauerstoffzufuhr;
•  Obstipationsprophylaxe (Laktulose oder Weizenkleie);
•  Gesprächsbereitschaft und Zuwendung signalisieren;
•  bei Patienten auf der "Warteliste" vor einer geplanten Herztransplantation spezielle psychotherapeutische Unterstützung.
Übersicht 9
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