Start  <  Vorträge  < Linus S. Geisler: STAMMZELLEN - RECHTLICHE ASPEKTE
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Vortrag anlässlich der Tagung "Deutscher Arzt Recht Tag 2002" am 9. März 2002 in Frankfurt/Main, ausgerichtet von pmi Verlag AG.
Stammzellen - Rechtliche Aspekte [1]

Linus S. Geisler
A. Embryonale Stammzellen

1. Gewinnung

Rechtliche Probleme in der Stammzellforschung ergeben sich in erster Linie bei der Gewinnung embryonaler Stammzellen (ES-Zellen). Embryonale Stammzellen können auf vier Wegen gewonnen werden:
aus Embryonen in vitro, die zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft durch assistierte Reproduktion erzeugt wurden und für die aus Gründen, die bei der Frau liegen [2], keine Verpflanzung in die Gebärmutter der Frau mehr geplant ist (sog. überzählige Embryonen) [3]. 
aus kryokonservierten Vorkernstadien aus der IVF, die per Gesetz noch keine Embryonen sind, aber zu solchen in kurzer Zeit entwickelt werden könnten und für die aus den oben genannten Gründen ebenfalls keine Verwendung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in Aussicht steht.
durch "therapeutisches" Klonen.
aus Embryonen in vitro, die eigens für diesen Zweck erzeugt wurden.
In Deutschland kann es wegen des im Embryonenschutzgesetz verfügten Verbots, Embryonen zu anderen Zwecken als zur Herbeiführung einer Schwangerschaft zu erzeugen [4], keine zu Forschungszwecken hergestellten Embryonen geben.

Die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken ist außer in Deutschland, auch in Österreich, Schweiz, Frankreich und Kanada verboten. Aus den USA wurde im Juli 2001 erstmals von der gezielten Erzeugung mehrerer Embryonen zum Zweck der Herstellung von ES-Zelllinien berichtet [5]. 

2. Sog. "therapeutisches" Klonen

Das Embryonenschutzgesetz verbietet ebenfalls Klonierungstechniken. Durch das sog. "therapeutische" Klonen wird bewirkt, dass ein menschlicher Embryo im Sinne des Embryonenschutzgesetzes entsteht, auch wenn die Erzeugung nicht auf geschlechtlichem Wege, sondern durch Zellkerntransfer erfolgte. Zwar geht die Begriffsbestimmung des § 8 ESchG von der Entstehung eines Embryos im Wege der Verschmelzung der Zellkerne von Ei- und Samenzelle (mit ihren jeweiligen haploiden Chromosomensätzen) aus. Bei der Übertragung eines Zellkerns in eine entkernte Eizelle findet keine solche Befruchtung statt, da der übertragene Zellkern über einen vollständigen (diploiden) Chromosomensatz verfügt. Die Formulierung "bereits" in § 8 Abs. 1 ESchG [6] macht jedoch hinreichend deutlich, dass die Vorschrift entsprechend der Ratio des Gesetzes, den menschlichen Embryo umfassend zu schützen, keine abschließende Begriffsbestimmung enthält. Sie will vielmehr sicherstellen, dass der strafrechtliche Schutz schon ab der beschriebenen frühen Entwicklungsphase beginnt, ohne andere Formen des sich entwickelnden menschlichen Lebens von diesem Schutz auszunehmen. Dass die Vorschrift auch die Herstellung eines Embryos mittels der Technik der Zellkernübertragung umfasst, verdeutlicht auch der Umstand, dass nicht nur das Embryo-Splitting, sondern auch die Schaffung eines Embryos mit dem gleichen Erbgut wie ein Fetus, Mensch oder ein Verstorbener in den Verbotstatbestand des § 6 Abs. 1 EschG [7] einbezogen wurde. Diese Form der Klonierung ist nur bei Anwendung der Methode der Kerntransplantation denkbar. 

Höfling geht aus verfassungsrechtlicher Sicht von einer normativen Äquivalenz von totipotenten menschlichen Zellen, die einmal auf dem Befruchtungswege, das andere Mal als Resultat eines Zellkerntransfers entstanden sind, aus. Dass der sich anschließende zellbiologische Differenzierungsprozess sich je einer anderen "Initialzündung" verdankt, falle nicht entscheidend ins Gewicht. In beiden Fällen sei die Entwicklungspotenz zu einem "vollständigen" Menschen grundsätzlich gleichermaßen vorhanden [8]. 

Ein Embryo im Sinne des Embryonenschutzgesetzes kann daher auch auf anderem Wege, also auch durch Zellkernübertragung, entstehen. Zu diesem Ergebnis kam auch die Bundesregierung in ihrem "Klonbericht" vom 26. August 1998 [9]. 

3. Forschung an pluripotenten embryonalen Stammzellen

Die Forschung an pluripotenten embryonalen Stammzellen ist nach dem Embryonenschutzgesetz nicht verboten. ES-Zellen können sich nicht mehr zu einem Individuum entwickeln [10] und sind daher nicht vom Schutzzweck des Embryonenschutzgesetzes umfasst. Der Gesetzgeber des Embryonenschutzgesetzes wollte die strafrechtlichen Verbote bewusst auf den Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter beschränken, womit er der Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Menschenwürde und des Lebens Rechnung tragen wollte [11]. 

Der endgültige Beweis, dass ES-Zellen von Primaten mit Sicherheit nur noch pluripotent sind, steht im übrigen noch aus [12]. Am Menschen ist die Frage aus ethischen Gründen nicht zu klären.

4. Import von embryonalen Stammzellen (Stammzelllinien)

Die Forschung an importierten embryonalen Stammzellen ist von der grundgesetzlich garantierten Forschungsfreiheit gedeckt [13].  Beim Import von pluripotenten embryonalen Stammzellen stehen dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG unmittelbar keine kollidierenden Grundrechte gegenüber, da hier die Entscheidung über Leben und Tod des Embryos bereits vor dem Import gefallen ist. Pluripotenten embryonalen Stammzellen kommt kein grundrechtlicher Status zu. 

Der Import embryonaler Stammzellen aus einem anderen Staat, in dem die Gewinnung embryonaler Stammzellen nicht strafbar ist, ist der einzige rechtlich zulässige Weg der Beschaffung von pluripotenten embryonalen Stammzellen in Deutschland. Voraussetzung ist die Sicherstellung, dass kein Zusammenhang zwischen der Bestellung bzw. Anforderung der embryonalen Stammzellen und ihrer Herstellung aus Embryonen besteht. Anderenfalls wäre dies eine strafbare Teilnahme an der im Ausland nach deutschem Recht strafbaren Verwendung von Embryonen zu einem nicht ihrer Erhaltung dienenden Zweck. Strafrechtlich unproblematisch ist daher der Import nur solcher Stammzellen, die zum Zeitpunkt der Anbahnung der vertraglichen Vereinbarung über die Weitergabe der Stammzellen bereits in kultivierter Form vorlagen und deren Entstehungsart, Umstände und Zeitpunkt lückenlos dokumentiert und nachweisbar sind. 

Soweit embryonale (und adulte Stammzellen) zum Zwecke der Therapie oder der medizinischen Forschung am Patienten angewendet werden, gilt das Arzneimittelgesetz [14]. Für die Stammzellforschung ohne klinischen Einsatz hat dies keine Bedeutung.

Die Problematik, die sich aus dem Verbot der Gewinnung von ES-Zellen aus Embryonen in Deutschland und der Zulässigkeit des Imports von im Ausland aus Embryonen gewonnen ES-Zellen ergibt, soll in Kürze durch ein Stammzellgesetz (SZG) geregelt werden. Der Gesetzesentwurf (Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen) sieht ein grundsätzliches Verbot der Einfuhr und Verwendung von ES-Zellen vor. Eine ausnahmsweise Einfuhr zu Forschungszwecken soll allerdings unter strengen Auflagen möglich sein [15]. Der Gesetzentwurf widerspiegelt am ehesten die "Argumentation B" einer Minderheit  der Mitglieder der Enquetekommission Recht und Ethik der Medizin in Ihrem Teilbericht Stammzellforschung vom 21.11.2001 [16].

Trotz der unterschiedlichen Meinungen der Enquete-Mitglieder zur Importfrage, sprach sich die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Recht und Ethik der modernen Medizin" einheitlich gegen die Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen aus. Sie war sich darin einig, dass die Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken verhindert werden soll und sprach sich dafür aus, das hohe Schutzniveau des Embryonenschutzgesetzes beizubehalten. Auch bestand Einigkeit darüber, dass die erforderlichen Regelungen gleichermaßen für den öffentlichen wie für den privaten Sektor gelten und deshalb auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden sollten [17].
 

B. Embryonale Keimzellen (EG-Zellen)

Die Herstellung von Embryonalen Keimzellen aus abgetriebenen Embryonen oder Feten ist in der Bundesrepublik Deutschland zulässig, solange die hergestellten Zelllinien sich nicht als totipotent erweisen, d.h. zur Ganzheitsbildung zu einem Menschen fähig sind [18].  Bereits tote Embryonen oder Feten, die zur EG-Zell-Gewinnung verwendet werden, unterstehen nicht dem grundrechtlichen Lebensschutzgebot. Die Trennung der Entscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch und zur EG-Zellentnahme ist jedoch unabdingbar, um zu verhindern, dass der Zeitpunkt oder die Methode des Abbruchs möglicherweise so beeinflusst werden, dass besonders günstige Voraussetzungen für die Gewinnung embryonaler oder fetaler Keimzellen geschaffen werden. Einschlägig sind hier die "Richtlinien zur Verwendung fetaler Zellen und fetaler Gewebe" der Bundesärztekammer von 1991 [19]. 
 

C. Adulte Stammzellen

Die Gewinnung und Verwendung von adulten Stammzellen, soweit sie im autologen Rahmen und ohne Reprogrammierung zur Totipotenz erfolgt, ist rechtlich und ethisch unproblematisch und durch bestehende Gesetze und Richtlinien ausreichend geregelt. Sollte allerdings eine Reprogrammierung von AS-Zellen zur Totipotenz möglich sein, müsste eine Klarstellung des Embryonenschutzgesetzes erfolgen. Könnten sich ferner erste Hinweise bestätigten, dass sich auch postmortal AS-Zellen gewinnen lassen (zum Beispiel aus dem Gehirn Verstorbener), müsste dieser Vorgang ähnlich wie die Organspende behandelt werden. Dann wäre ein spezifisches Verfahren der Einwilligung erforderlich [20]. 
 

D. Stammzellen aus Nabelschnurblut

Die Verwendung von neonatalen Stammzellen aus Nabelschnurblut erscheint ethisch wenig problematisch. Es besteht jedoch rechtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Verfügungsrechte am Nabelschnurblut, des Datenschutzes und der Finanzierungsgrundlagen für Nabelschnurblutbanken. Es muss geklärt werden, inwieweit die faktisch vorhandene Verfügungsmacht der Mutter/Eltern über das Nabelschnurblut insbesondere im Hinblick auf die Verwendung zu fremdnützigen Zwecken als ausreichend angesehen werden kann oder ob z.B. das Erreichen der Einwilligungsreife des Kindes bis zur Freigabe des Nabelschnurblutes für allogene Zwecke abgewartet werden muss. Die Einwilligung in die Entnahme von Nabelschnurblut zur Stammzellgewinnung sollte auch die Entscheidung darüber enthalten, ob es sich um eine gerichtete oder ungerichtete Spende handelt. Dabei kann das Wissen aus den erhobenen genetischen Daten vollständig oder zeitlich bzw. parameterbezogen abgestuft in Anspruch genommen werden. Auch ein Verzicht der Eltern auf dieses Wissen wäre möglich [21]. 
 

E. Das geplante Stammzellgesetz (Stammzellgesetz – StZG)
(Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen)

Der Entwurf des geplanten Stammzellgesetzes wurde bereits im Vorfeld kritisiert. Die Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" forderte in einer am 25. Februar verabschiedeten Stellungnahme Korrekturen am vorliegenden Entwurf für ein Stammzellgesetz. Darin spricht sie sich für die Klarstellung aus, dass sich das Gesetz auch auf Embryonen bezieht, die durch das sogenannte "therapeutische Klonen" erzeugt wurden.

Sie fordert außerdem, den Stammzellimport unmissverständlich auf bereits etablierte Stammzelllinien zu beschränken. Sie lehnt damit die nach dem gegenwärtigen Gesetzentwurf mögliche Ausweitung auf alle existierenden embryonalen Stammzellen ab. Durch diese Änderung soll sichergestellt werden, dass nur Stammzellen aus embryonalen Stammzelllinien, welche bereits etabliert wurden, eingeführt werden, und nicht solche Stammzellen, die zwar als Ausgangsmaterial für die Etablierung dienen können, aber noch nicht als Zelllinie bezeichnet werden (z.B. Stammzellen, die lediglich der inneren Zellmasse einer Blastozyste entnommen und konserviert wurden) [22].

Es gibt gute Gründe zu bezweifeln, dass das geplante Gesetz dem Verbrauch weiterer Embryonen zur Gewinnung humaner embryonaler Stammzellen tatsächlich entgegenwirken kann. Jede nach Deutschland importierte Stammzelllinie reduziert den Gesamtbestand der Stammzelllinien im Ausland und damit das verfügbare "Angebot". Dadurch entstehen verstärkte Anreize zur Tötung weiterer Embryonen für die Etablierung neuer Stammzelllinien. Das gleiche gilt, wenn sich erweisen sollte, dass die vorhandenen Stammzelllinien qualitativ den Ansprüchen der Forschung nicht genügen. Dieses Gesetz wird allenfalls - zeitlich begrenzt - verhindern können, dass weitere Embryonen für die deutsche Forschung verbraucht werden, nicht aber wegen der Embryonenforschung in Deutschland. 

Anmerkungen:

[1] Diese Ausführungen orientieren sich wesentlich am "Teilbericht Stammzellforschung" der Enquetekommission Recht und Ethik der modernen Medizin (Bundestagsdrucksache 14/7546 Externer Download Link), an denen der Autor als Sachverständiger mitgewirkt hat.

[2] Zum Beispiel Sinneswandel, Erkrankung oder Tod der Frau.

[3] Diese Embryonen werden im folgenden als "sog. 'überzählige‘ Embryonen" bezeichnet. Die Verwendung der ebenfalls in der Diskussion dieser Thematik verwendeten Begriffe "verwaiste" Embryonen oder Embryonen ohne Lebensaussicht wurde von der Enquete-Kommission Recht und Ethik der modernen Medizin als den Sachverhalt verschleiernd zurückgewiesen.

[4] ESchG, § 1, Absatz 1, Satz 1.

[5] Lanzendorf, S.E., C. A. Boyd , D.L. Wright a, S. Muasher b, S. Oehninger b and G. D. Hodgen: Use of human gametes obtained from anonymous donors for the production of human embryonic stem cell lines. "Fertility and Sterility", Volume 76, Issue 1 (July 2000)

[6] "Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag."

[7] "Wer künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

[8] Höfling, W.: Verfassungsrechtliche Aspekte der Verfügung über menschliche Embryonen und "humanbiologisches Material". Gutachten für die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Recht und Ethik der modernen Medizin". Mai 2001. Externer Download Link

[9] Bericht zur Frage eines gesetzgeberischen Handlungsbedarfes beim Embryonenschutzgesetz aufgrund der beim Klonen von Tieren angewandten Techniken und der sich abzeichnenden weiteren Entwicklung vom 26. August 1998, BT-Drs. 13/11263 Externer Download Link, Abschnitt C Ziffer 1.2.2.

[10] Nach derzeitigem Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse sind die zur Gewinnung von Stammzellen aus der Blastozyste entnommenen Zellen auf den Zellverband der Blastozyste angewiesen, um sich zu einem Individuum entwickeln zu können. Aus isolierten Zellen außerhalb dieses Zellverbandes kann sich kein Individuum mehr entwickeln. Dies wird allerdings vereinzelt auch angezweifelt.

[11] Vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz – ESchG), BT-Drs. 11/5460, S. 6: "Der Entwurf beschränkt sich bewusst darauf, strafrechtliche Verbote nur dort vorzusehen, wo sie zum Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter unverzichtbar erscheinen. Vor allem trägt er dabei den Wertentscheidungen der Verfassung zugunsten der Menschenwürde und des Lebens Rechnung ..."

[12] Thomson JA, J Kalishman, TG Golos, M Durning, CP Harris, JP Hear: Pluripotent cell lines derived from common marmoset (Callithrix jacchus) blastocysts. Biology of Reproduction, Vol 55, 254-259, 1996 

[13]  Art 5, III GG

[14] Menschliche Organe, Organteile, Gewebe und Zellen sind Stoffe im Sinne des § 3 Nr. 3 AMG und als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG zu qualifizieren, wenn sie dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Diese arzneimittelrechtliche Einordnung steht durchaus im Einklang mit der Richtlinie 65/65/EWG, nach deren Art. 1 Abs. 3 alle Stoffe menschlicher Herkunft als Stoffe im Sinne der Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel anzusehen sind.
Allerdings bestimmt der durch § 21 TPG neu eingefügte § 2 Abs. 3 Nr. 8 AMG, dass die in § 9 Satz 1 TPG genannten menschlichen Organe (Herz, Lunge, Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse und Darm) sowie die menschliche Augenhornhaut nach dem Arzneimittelbegriff und damit vom Anwendungsbereich des AMG ausgenommen sind.

[15] § 4 Abs.2: 
Abweichend von Absatz 1 ist die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken unter den in § 6 genannten Voraussetzungen zulässig, wenn
1. die embryonalen Stammzellen vor dem 1. Januar 2002 im Herkunftsland aus Embryonen gewonnen wurden, die im Wege der medizinisch unterstützten extrakorporalen Befruchtung zum Zwecke der Herbeiführung einer Schwangerschaft erzeugt worden sind, aber aus Gründen, die nicht an den Embryonen selbst liegen, endgültig nicht mehr für diesen Zweck verwendet wurden,
2. die nach dem Recht des Herkunftslandes dazu berechtigten natürlichen Personen nach Aufklärung ihre Einwilligung in die Verwendung der Embryonen zur Stammzellgewinnung gegeben haben,
3. für die Überlassung der Embryonen zur Stammzellgewinnung kein Entgelt oder sonstiger geldwerter Vorteil gewährt worden ist und
4. der Einfuhr oder Verwendung sonstige gesetzliche Vorschriften, insbesondere solche des Embryonenschutzgesetzes, nicht entgegenstehen.

[16] "Nach den Beratungen der Enquete-Kommission erscheint es zweifelhaft, ob ein vollständiges Verbot des Imports von menschlichen embryonalen Stammzellen, die im Ausland aus Embryonen gewonnen wurden, verfassungs- und europarechtlich begründet werden kann. Der Import von menschlichen embryonalen Stammzellen ist daher unter engen Voraussetzungen zu tolerieren. Die Erfüllung der Voraussetzungen ist von einer transparent arbeitenden staatlich legitimierten Kontrollbehörde zu überwachen. Als notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit des Imports sieht die Enquete-Kommission insbesondere an: Beschränkungen des Imports auf die derzeit bereits vorhandenen, aus kryokonservierten sog. "überzähligen" Embryonen gewonnenen embryonalen Stammzelllinien (Festlegung eines bestimmten Stichtages entsprechend der "Bush-Regelung" vom 9. August 2001); Darlegung der Geeignetheit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Forschungsprojektes, für das der Import beantragt wird; Nachweis eines qualifizierten informed consent."

[17] S. Teilbericht Stammzellforschung - Aktualisierter Download Externer Download Link

[18] Nur in diesem Fall fielen sie gemäß § 8 Abs. 1 ESchG in den Schutzbereich dieses Gesetzes. Ansonsten gilt das Embryonenschutzgesetz nicht, da es nur den Zeitraum bis zur Einnistung des Embryos bzw. der totipotenten Zelle in den Uterus umfasst.

[19] Bundesärztekammer 1991. Dagegen befasst sich die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zur Übertragung von Nervenzellen in das Gehirn von Menschen (Bundesärztekammer 1998) nur mit der Transplantation von fetalen Nervenzellen in das Gehirn von Menschen. Darum geht es bei der Forschung mit EG-Zellen aber nicht. In der Stellungnahme wird empfohlen, Heilversuche und klinische Studien, die die Übertragung von fetalen Nervenzellen in das Gehirn von Menschen zum Gegenstand haben, wegen der ethischen Probleme bei der Gewinnung von fetalen Geweben und in Anbetracht von in der Entwicklung befindlichen vielversprechenden alternativen Heilmethoden vorläufig auszusetzen. 

[20] Besonderheiten könnten sich bei Stammzellen des Hirns ergeben.

[21] S. Übersicht bei Gordijn B und H. Olthuis: Ethische Fragen zur Stammzelltransplantation aus Nabelschnurblut. Ethik Med (2000) 12: 16-29

[22] Enquête-Kommission fordert Korrekturen am Entwurf für ein Stammzellgesetz. Berlin, 25. Februar 2002.
 


Geisler, Linus S.: Stammzellen - Rechtliche Aspekte. Vortrag anlässlich der Tagung "Deutscher Arzt Recht Tag 2002" am 9. März 2002 in Frankfurt/Main, ausgerichtet von pmi Verlag AG.
URL dieses Vortrags: http://www.linus-geisler.de/vortraege/0203stammzellen.html

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