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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN © 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
2.3.8.2 Herzinfarkt
 
2.3.8.2 Herzinfarkt _____
Definition: Ein Herzinfarkt ist eine akute Myokardnekrose durch Koronarthrombose bei stenosierender Herzgefäßerkrankung.
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Die koronare Herzkrankheit ist neben den malignen Tumoren die häufigste Todesursache in den Industrienationen. Die Mehrzahl der Infarkte ereignet sich im 5.-6. Lebensjahrzehnt, doch werden zunehmend jüngere Männer betroffen. Männer erkranken drei- bis fünfmal häufiger am Infarkt als Frauen, die zudem aufgrund der möglichen Schutzwirkung der weiblichen Sexualhormone vor der Menopause weitgehend von Herzinfarkten verschont bleiben. Der Anteil der Frauen an den Herzinfarkten nimmt ebenfalls zu. In der Bundesrepublik Deutschland sterben jährlich rund 140 000 Menschen an einem Herzinfarkt bei einem geschätzten Anteil von ca. 600 000 Koronarkranken. Vorkommen und 
Häufigkeit
Betroffen ist nahezu ausschließlich der linke, gegenüber Sauerstoffmangel empfindlichere Ventrikel, wobei Vorder- und Hinterwandinfarkte etwa gleich häufig sind. Das Kammerseptum kann mitbetroffen sein (s. Abb. 17). Sehr selten sind Infarkte des rechten Herzens. Über 90% aller Herzinfarkte entstehen auf dem Boden einer Arteriosklerose der Herzkranzgefäße (Koronarsklerose). Pathologisch-
anatomische Grundlagen
Abb. 17: Myokardschwiele (hellrot) nach Herzinfarkt
Abb. 17
Abb. 17
Wie die Arteriosklerose in anderen Gefäßabschnitten, so ist auch die Koronarsklerose als eine von der Gefäßintima ausgehende Arterienerkrankung gekennzeichnet. Diese führt zur Wandverhärtung (Sklerose) und -verdickung (Atheromatose) und dadurch zu einer Lumeneinengung, wobei Eiweiße, Lipide und später auch Kalksalze eingelagert werden.
An aufgebrochenen arteriosklerotischen Intimaherden entstehen Abscheidungsthromben, die zum akuten Verschluss eines Herzkranzgefäßes führen können (s. Abb. 18). Die im Versorgungsgebiet des verschlossenen Koronararterienasts liegenden Myokardbezirke sterben dann innerhalb weniger Mihuten ab. Wahrscheinlich spielen häufiger als bisher angenommen die sog. Koronarspasmen eine Rolle. Sie betreffen jedoch meistens bereits geschädigte Herzkranzgefäße. Die Koronarsklerose beginnt sich bereits im dritten Lebensjahrzehnt zu entwickeln. Die Hälfte aller fünfzigjährigen Menschen weist mehr oder minder ausgeprägte koronarsklerotische Veränderungen auf, aus denen allerdings in einem weit geringeren Prozentsatz ein Herzinfarkt resultiert.
Abb. 18: Koronarthrombose bei frischem Herzinfarkt
Abb. 18
Abb. 18
Die Einengung des Koronargefäßlumens führt zu einem Missverhältnis zwischen Bedarf und Angebot an Sauerstoff und Substraten im Herzmuskel. Der Herzinfarkt stellt den irreversiblen Folgezustand einer hochgradigen akuten Koronarinsuffizienz bei Koronarsklerose dar.
Die Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit und deren wechselseitige Potenzierung sind:
Hypertonie
Nikotinabusus
Diabetes mellitus
Fettstoffwechselstörungen
Hyperurikämie
Adipositas
psycho-sozialer Stress.
Pathophysiologie
Das Herzkrankzgefäßsystem kann röntgenologisch durch Injektion eines Kontrastmittels in das Lumen der Koronararterien dargestellt werden (Koronarographie). Der Nachweis einer sog. Ein-, Zwei- -oder Dreigefäßerkrankung bestimmt das therapeutische Vorgehen (z.B. medikamentöse Therapie und/oder Bypass-Operation, PTCA) und ermöglicht ferner eine prognostische Aussage. Im Rahmen der Koronarographie kann mittels Kontrastmittelinjektion auch der linke Ventrikel röntgenologisch (Laevokardiographie) dargestellt und beurteilt werden, ob sich die linke Kammer normal kontrahiert, ob infarktbedingt minderbewegliche (hypokinetische) Wandabschnitte, thrombotische Wandauflagerungen oder ein Herzwandaneurysma vorliegen. Diagnose
Leitsymptom des Herzinfarkts ist der akut einsetzende, häufig in den linken Arm, zum Hals, Unterkiefer, Rücken oder Oberbauch ausstrahlende retrosternale Herzschmerz.
Er fehlt nur in 4% aller Fälle (stummer Infarkt) und wird als schnürend ("eiserner Reifen um die Brust"), würgend oder brennend beschrieben. Der Herzschmerz kann alle Schweregrade bis zum unerträglichen Vernichtungsschmerz mit Todesangst aufweisen. Meist klingen die Schmerzen nach 1-3 Tagen ab.
Klinisches Bild
Merke: Blässe, Unruhe, kalter Schweiß, fadenförmiger Puls, kalte, zyanotische Akren und ein Blutdruckabfall mit Verkleinerung der Amplitude (z.B. 80/65 mm Hg) sind Zeichen des kardiogenen Schocks, und ein absolutes Alarmsignal.
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Atemnot indiziert die beginnende Insuffizienz des infarzierten linken Ventrikels sowie die Entwicklung einer Lungenstauung, die bis zum Lungenödem führen kann. Nach 1-2 Tagen entwickeln sich bei 30-40 % der Patienten Temperaturen zwischen 38-39,5° C und eine Leukozytose von 10 000-20 000/mm3. Sie sind, ebenso wie die BKS-Beschleunigung, Folge der Resorption der Myokardnekrose und Ausdruck der Auseinandersetzung des Körpers mit dem nekrotisierten Herzmuskel. Häufig tritt auch eine vorübergehende mäßige Hyperglykämie, seltener eine Glukosurie auf. Herzrhythmusstörungen sind bei 80-90% aller Infarkte innerhalb der ersten 72 Stunden nachweisbar. In der Frühphase des Herzinfarktes bilden insbesondere Kammertachykardien mit Übergang in Kammerflimmern eine enorme Gefährdung. Es kann aber auch, insbesondere bei Herzhinterwandinfarkten, zu bedrohlichen bradykarden Rhythmusstörungen kommen. Es wird geschätzt, dass mindestens 30% der Infarktfälle die Klinik überhaupt nicht lebend erreichen, sondern innerhalb der ersten Stunde an Rhythmusstörungen versterben. Die frühestmögliche intensivmedizinische Behandlung des akuten Herzinfarktes ist daher für die Prognose absolut entscheidend.
Fallbeispiel 5: (akuter Vorderwandinfarkt bei mehrfachen koronaren Risikofaktoren)
Der 53-jährige Verwaltungsangestellte leidet seit Jahren an einer mäßigen, medikamentös nur unzulänglich behandelten arteriellen Hypertonie mit durchschnittlichen RR-Werten um 160/100 mmHg. Sein LDL-Cholesterin ist auf 195 mg% erhöht. Er ist deutlich übergewichtig, raucht 15-20 Zigaretten täglich und betreibt keinen Sport. Vor einem halben Jahr wurde er bei der Beförderung übergangen, eine Kränkung, die er in sich "hineinfrisst". Seit einigen Tagen spürt er beim Treppensteigen einen leichten Druck hinter dem Brustbein, der allerdings bei Stehenbleiben sofort wieder verschwindet. Am Morgen des Aufnahmetages hilft er, das Auto des Nachbarn, das nicht anspringt, anzuschieben. Danach fühlt er sich "fix und fertig". Zwanzig Minuten später hat er das Gefühl, daß eine Zentnerlast seinen Brustkorb zusammenschnürt. Hinter dem Brustbein beginnt sich ein brennender Schmerz auszubreiten, der bis in den linken Arm und beidseits in den Unterkiefer ausstrahlt. Schweiß bricht am ganzen Körper aus, es tritt Brechreiz auf, später auch Erbrechen. Der Patient legt sich aufs Sofa, ohne daß dies Erleichterung bringt. Der herbeigerufene Notarzt stellt einen fadenförmigen Puls und einen eben messbaren Blutdruck um 100/85 mm Hg fest. Zwei Hübe Nitro-Spray bringen keine Erleichterung. In der Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses zeigt das abgeleitete EKG massive ST-Streckenhebungen in den Brustwandableitungen von V2 bis V6 im Sinne eines ausgedehnten frischen Vorderwandinfarktes. Der Patient wird plötzlich bewusstlos. Auf dem Monitor ist Kammerflimmern als Ursache festzustellen. Er wird defibrilliert, intubiert und erhält Suprarenin, wonach das Kammerflimmern sistiert. Die weitere Behandlung auf der Intensivstation verläuft ohne Komplikationen.
Fallbeispiel 5
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Abb. 19: Symptome beim Herzinfarkt
Abb. 19 (klein)
Vergrößerung
Abb. 19
Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch die typischen EKG-Veränderungen, die in über 90% nachweisbar sind (s. Abb. 20), und den Anstieg bestimmter Enzyme (CK, SGOT, SGPT, LDH) im Blut, die aus dem zerstörten Muskelgewebe in großen Mengen frei werden. Zuerst, bereits wenige Stunden nach dem Infarktereignis, ist ein Anstieg der CK zu verzeichnen (s. Abb. 21). Der CK-Anstieg ist jedoch nicht beweisend für einen Herzinfarkt, da das Enzym auch in der Skelettmuskulatur vorkommt. CK-Anstiege können daher auch durch Läsionen der Muskulatur, u.a. durch i. m.-Injektionen bedingt sein. Zuverlässiger, aber ebenfalls nicht absolut spezifisch, ist der Nachweis erhöhter CK-MB-Werte. Ein Anstieg der CK-MB auf mehr als 10% der Gesamt-CK ist für einen Herzinfarkt weitgehend spezifisch. Das Ausmaß des CK-Anstiegs kann als Hinweis auf das Ausmaß der Gewebsnekrose gewertet werden. Am spätesten steigt die LDH an. Als neue spezifische Diagnosemöglichkeit zeichnet sich die Bestimmung von Troponin T im Serum ab, das beim Zerfall von Herzmuskelgewebe freigesetzt wird. Diagnose und 
Differentialdiagnose
Infarktähnliche Bilder können auftreten bei einer Lungenembolie, Pleuritis, Perikarditis, Spontanpneumothorax, bei einreißenden Aortenaneurysmen und akuten Oberbaucherkrankungen. Dies erklärt, dass der Herzinfarkt andererseits unerkannt verlaufen kann und dann als Oberbauchkolik, Pleuritis oder Interkostalneuralgie fehlgedeutet wird.
Funktionelle Herzbeschwerden, die nicht auf einer organischen Herzerkrankung beruhen (s. Kapitel 4 Vegetative Regulationsstörungen), sind sehr häufig und unterscheiden sich wie folgt von echten Stenokardien. Meist sind jüngere Menschen betroffen, und die Beschwerden werden häufig sehr dramatisch geschildert. Die Patienten klagen über "Herzstiche" oder stundenlang anhaltende, links im Brustkorb - nicht retrosternal - lokalisierte Missempfindungen, die in Ruhe oder während psychischer Belastungssituationen auftreten, sich bei körperlicher Anstrengung eher verringern und auf Nitrate nicht überzeugend ansprechen. Die Symptomatik ist oft mit Angst verbunden. Die Abgrenzung von funktionellen Herzbeschwerden gegenüber einer echten Koronarinsuffizienz kann in Einzelfällen allerdings schwierig sein.
Abb. 20: Typischer EKG-Verlauf im Rahmen eines Herzinfarkts
Abb. 20
Abb. 20
Abb. 21: Verhalten der Enzyme (CPK, CK-MB, GOT, HBDH und LDH) im Serum bei frischem Herzinfarkt (nach Merz)
Abb. 21
Abb. 21
Folgende Therapiemaßnahmen sind beim frischen Herzinfarkt erforderlich:
•  Absolute Bettruhe:
In der Regel Überwachung und Therapie zunächst für 1-3 Tage auf der Intensivstation. Der Zeitpunkt der Mobilisation unter krankengymnastischer Mithilfe muss individuell festgelegt werden. Er ist abhängig von der Schwere des Infarktes, vom Lebensalter und den Komplikationen. Die Gesamtdauer der stationären Behandlung beträgt 2-4 Wochen.
•  Intensive Schmerzbekämpfung:
Gabe von starken Analgetika (Opiate) und Sedierung des Patienten (z.B. Diazepam).
•  Antikoagulantientherapie:
Initialdosis für Heparin ca. 20 000-25 000 IE/die im Perfusor. Später Umsetzen auf Cumarine (z.B. Marcumar®) oder Acetylsalicylsäure (100 mg/die). Da ca. 90% der akuten Herzinfarkte auf einer Koronarthrombose beruhen, sollte bei nicht länger als 3-6 Stunden zurückliegendem akutem Ereignis immer eine Lysetherapie durchgeführt werden. Hierbei werden über 60 Minuten 1,5 Millionen IE Strepetokinase als i. v.-Infusion verabreicht. Damit gelingt es in ca. 50% der Fälle, das durch einen akuten Thrombus verschlossene Herzkranzgefäß teilweise oder ganz zu eröffnen. Mit der gentechnologisch gewonnenen körpereigenen Substanz t-PA (tissue plasminogen activator = Gewebeplasminogen-Aktivator) können Thromben in den Koronargefäßen in einem noch etwas höheren Prozentsatz aufgelöst werden. Diese Behandlung ist allerdings sehr teuer. Ebenfalls zur Lysetherapie wird acylierter Streptokinase-Plasminogen-Aktivatorkomplex (APSAC) in Form einer Bolus-Injektion gegeben.
•  PTCA:
Die mechanische Aufdehnung thrombotisch verschlossener Koronararterien mittels Ballondilatation beim frischen Infarkt ist der Lysetherapie wahrscheinlich noch etwas überlegen, jedoch bislang nur Spezialabteilungen vorbehalten.
•  Sauerstofftherapie:
2-4 l/min durch die Nasensonde.
•  Nitrate:
z.B. Glyzeroltrinitrat 3-6 mg/h i. v., später orale Nitrattherapie.
•  Lidocain-Infusion:
Zur Prophylaxe des Kammerflimmerns während der ersten 2-3 Tage nach dem Ereignis; initial 100 mg i. v., anschließend Infusion von 3 mg/min.
•  Beta-Rezeptorenblocker:
Der frühzeitige Einsatz von Beta-Rezeptorenblockern senkt die Reinfarktrate. Er ist kontraindiziert bei Bradykardie, niedrigem Blutdruck und bei Herzinsuffizienz.
•  Bei Herzinsuffizienz:
Nitrate, Digitalis, Dobutamin-Infusion, ACE-Hemmer. ACE-Hemmer verbessern vor allem bei großen Infarkten eindeutig die Langzeitprognose.
•  Bei kardiogenem Schock:
Schockbehandlung.
•  Bei Kreislaufstillstand:
Reanimation. Anschließend Defibrillation bei Kammerflimmern bzw. Schrittmacher bei Asystolie oder AV-Block.
Therapie
Die Ernährung soll zunächst flüssig, salz-, kalorien-, und fettarm sein. Milde Stuhlgangregelung ist sinnvoll. Die krankengymnastische Mobilisierung trägt auch zur Stabilisierung des Selbstwertgefühls bei, das gerade bei zuvor sehr dynamischen Patienten häufig stark erschüttert ist. Ernährung
Übersicht 15: Grundzüge der Behandlung des akuten Herzinfarkts
Basistherapie
  Schmerzbekämpfung, Sedierung, strenge Bettruhe,
  Lysebehandlung, sofern keine Kontraindikation besteht,
  Antikoagulantien,
  Sauerstoff,
  Nitrate,
  Lidocain,
  Beta-Rezeptorenblocker.

Im Bedarfsfall
  Nitrate, Dobutrex, ACE-Hemmer (Herzinsuffizienz),
  Defibrillation (Kammerflimmern),
  (passagerer) Schrittmacher bei bradykarden Rhythmusstörungen,
  PTCA.

Übersicht 15
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Das Hauptziel der Pflege besteht darin, vom Infarktpatienten jede inadäquate physische und psychische Belastung fernzuhalten und ihn - angepaßt an den Krankheitsverlauf - allmählich zu mobilisieren. Ein vernünftiger Mittelweg zwischen Schonung und Aktivierung dient auch der Wiederherstellung des Selbstvertrauens des Patienten, für die der Herzinfarkt meistens einen dramatischen Lebenseinschnitt darstellt. Infarktpatienten sind prinzipiell ständig, vor allem in den ersten Infarkttagen, durch zum Teil lebensbedrohlichen Komplikationen gefährdet. Deren frühzeitige Erkennung ist eine wichtige pflegerische Aufgabe (s. Übersicht 16). Icon
Pflegerische 
Besonderheiten
Übersicht 16: Alarmsymptome bei akutem Herzinfarkt, die eine sofortige ärztliche Intervention erfordern
  Fadenförmiger oder fehlender Puls, Schweißausbruch, RR systolisch unter 100 mm Hg: Schock!
  Erneute Herzschmerzen: Reinfarkt!
  Atemnot oder Atemfrequenz > 25/min: Linksherzversagen, Lungenembolie.
  Plötzliche Extremitätenschmerzen, Lähmungserscheinungen: arterielle Embolie.
  Pulsfrequenz < 40/min: bradykarde Herzrhythmusstörungen.
  Pulsfrequenz > 150/min, Arrhythmie: bedrohliche tachykarde Rhythmusstörungen.
  Kurzfristige Ohnmachten: Adams-Stokes-Anfall, aber auch Kammertachykardien.
Übersicht 16
Übersicht 17: Pflegeschwerpunkte bei Herzinfarkt
Beobachtung und Überwachung
  engmaschige Vitalzeichenkontrolle
  ZVD-Messung
  Flüssigkeitsbilanzierung
  Temperaturkontrolle
  Kontrolle der Bewusstseinslage
  Schmerzen 
  Haut (Farbe, Schweißbildung)
  seelisches Befinden.

Pflegerische Maßnahmen
  strenge Bettruhe in den ersten Tagen (Tag 1-3 Intensivstation),
  danach stufenweise Mobilisation nach Plan.
  Fernhalten aller psychischen und physischen Belastungen (erhöhter O2-Bedarf).
  Lagerung mit leicht erhöhtem Oberkörper, im Schock Flachlagerung.
  Leicht verdauliche, kalorienarme Ernährung. Cave: übermäßige Flüssigkeitszufuhr!
  Obstipationsprophylaxe; Patient darf beim Stuhlgang nicht pressen.
  Pneumonieprophylaxe (jedoch kein Abklatschen),
  Sitzen und Aufstehen nur mit Antithrombosestrümpfen,
  psychische Zuwendung (häufig verletztes Selbstwertgefühl).

Übersicht 17
Die Akutsterblichkeit des Herzinfarkts hat sich durch die modernen Behandlungsmaßnahmen, insbesondere die Lysetherapie und die PTCA, in den letzten Jahren erheblich verbessert und liegt heute bei 10% im Gegensatz zu 25% früher. Prognose
Übersicht 18: Todesursachen beim Herzinfarkt
1.  Kardiogener Schock
2.  Rhythmusstörungen: Kammerflimmern, Asystolie, AV-Block
3.  Akutes Linksherzversagen, Lungenödem
4.  Lungenembolie (Venenthrombose)
5.  Herzwandruptur (Herzbeuteltamponade).
Übersicht 18
Ist der Herzmuskel von größeren oder kleineren Infarktnarben durchsetzt, nimmt die Anzahl der kontraktilen Elemente ab, und es kommt zur chronischen Herzinsuffizienz. Im Bereich einer Infarktnarbe kann sich ein Herzwandaneurysma ausbilden, an dem sich Thromben ablagern und in den großen Kreislauf embolisiert werden können. Folgen
Die Wiederaufnahme beruflicher Arbeit gelingt bei 60-70% der Patienten etwa 3-6 Monate nach dem Herzinfarkt. Sie sollte durch Rehabilitationsmaßnahmen in Form eines sog. Anschlussheilverfahrens angestrebt werden.
Eine individuell angemessene berufliche Tätigkeit nach dem Herzinfarkt ist auf die Dauer günstiger als Untätigkeit, die psychologisch und sozioökonomisch für den Patienten und seine Familie zu einer erheblichen Belastung werden kann.
Rehabilitation
Die Prophylaxe der koronaren Herzkrankheit besteht in erster Linie in der Ausschaltung bzw. Behandlung der bekannten Risikofaktoren. Es ist gesichert, dass durch eine Langzeitbehandlung mit Beta-Rezeptorenblockern die Häufigkeit von Rezidivinfarkten (Sekundärprävention) und die Zahl der plötzlichen Todesfälle reduziert werden kann. Prophylaxe
Übersicht 19: Checkliste Herzinfarkt
•  Bedeutung: wichtigste Herzerkrankung des Erwachsenen.
•  Definition: akute Myokardnekrose durch Koronarthrombose bei stenosierender Herzgefäßerkrankung.
•  Vorkommen: vor allem im 5.-6. Lebensjahrzehnt. Männer : Frauen = 5 : 1.
•  Leitsymptome: ausstrahlender, länger als 30 Minuten anhaltender retrosternaler Schmerz, Schocksymptomatik, Atemnot.
•  Diagnose: EKG, CK- (CK-MB-)Erhöhung im Serum
•  Therapie: absolute Bettruhe, Schmerzbekämpfung und Sedierung. Antikoagulantien- bzw. Lyse-Behandlung, evtl. PTCA. Prophylaxe von Rhythmusstörungen. Notfalls: Behandlung der Herzinsuffizienz, Schockbekämpfung, Reanimation inklusive Elektrotherapie.
•  Letalität: 10-15%.
•  Pflegerisch wichtig: Fernhalten von physischer und psychischer Belastung. Erkennen von Schocksymptomen und Rhythmusstörungen. Schonende, aber gezielte Mobilisierung, Stabilisierung des Selbstvertrauens.
Übersicht 19
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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 17. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln
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