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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN © 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Berlin Köln 
2.2.7    Herzkatheter
2.2.8    Zentraler Venendruck (ZVD)
2.2.9    Apparative Patientenüberwachung (Monitoring)
2.2.10  Echokardiographie
2.2.11  Vorhofstimulation
2.2.12  Myokardszintigramm
 
2.2.7   Herzkatheter
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1929 hat der Chirurg WERNER F. FORSSMAN in Selbstversuchen erstmals Herzkatheterisierungen beim Menschen vorgenommen. Die Arbeitsgruppe um COURNAND in Amerika hat in den vierziger Jahren den Herzkatheter in die Klinik eingeführt. Für die Entdeckung der Herzkatheteruntersuchung hat FORSSMANN 1956 gemeinsam mit A. F. COURNAND (USA) und D. W. RICHARDS (USA) den Nobelpreis für Medizin erhalten.
Bei der Herzkatheteruntersuchung wird von einer Ellenbeuge- oder Oberschenkelvene aus ein ca. 1 m langer und 0,3 cm dicker, flexibler Spezialkatheter über die obere Hohlvene in den rechten Vorhof, die rechte Kammer und über die Arteria pulmonalis bis in die Lungengefäßperipherie vorgeschoben (sog. Rechtskatheter). Rechtskatheter
Es besteht aber auch die Möglichkeit, mit einem kleinen, an der Katheterspitze angebrachten Perforator die Vorhofscheidewand, das Septum, zu durchstoßen (sog. transseptaler Herzkatheter) und den Katheter vom rechten über den linken Vorhof in die linke Herzkammer einzuführen (sog. Linkskatheter). Ebenso ist eine Sondierung des linken Herzens über einen retrograd (rückläufig) von der Beinschlagader (Arteria femoralis) eingeführten Katheter möglich. Die Herzkatheteruntersuchung wird in der Regel mit einer Angiokardiographie (Koronarangiographie) verbunden. Mit dem Herzkatheter können die einzelnen Herzhöhlen mechanisch ausgetastet sowie Druck und Sauerstoffgehalt des Blutes in verschiedenen Herzabschnitten gemessen werden. Des weiteren lassen sich mit Kontrastmitteln das Herz, die großen Gefäße und die Koronarien darstellen.
Transseptaler Katheter
Linkskatheter
Die Herzkatheteruntersuchung ist erforderlich zur Abklärung angeborener und erworbener Herzfehler und zur Stellung der Operationsindikation. Die Letalität der Untersuchung liegt unter 0,1 %. Sie darf jedoch nur durchgeführt werden, wenn der Patient (bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten) nach Aufklärung über das Risiko eine schriftliche Einverständniserklärung abgegeben hat. Indikationen
Übersicht 6: Vorbereitung zur Herzkatheteruntersuchung
  Aufklärungsgespräch,
  Einverständniserklärung,
  Laborwerte (Na, K, Blutbild, Quick, PTT, Blutgruppe),
  Röntgenthorax,
  EKG und Ergometrie,
  Rasur der Zugangsstelle (z.B. A. femoralis).
Übersicht 6
Die 1967 von GRANDJEAN eingeführte Mikrokatheter-Methode stellt eine wertvolle, einfach zu handhabende Sondierungsmethode des rechten Herzens und des Lungenkreislaufs dar, die auch ambulant oder direkt am Patientenbett durchgeführt werden kann. Verwendet wird ein 0,85 mm dicker Plastikkatheter, der, über eine Armvene eingeführt, passiv mit dem Blutstrom ins rechte Herz gelangt (sog. Einschwemmkatheter). Die Nachteile der Methode liegen darin, dass eine Röntgenkontrolle der Katheterlage, eine Angiokardiographie sowie die Sondierung des linken Herzens nicht möglich sind. Mikrokatheter-Methode
2.2.8 Zentraler Venendruck (ZVD)
Der ZVD ist eine insbesondere für die Intensivmedizin wichtige Meßgröße zur Beurteilung der zirkulierenden Blutmenge, der Herzleistungsfähigkeit und des Kreislaufverhaltens. Die Messung erfolgt mit Hilfe einer Plastiksonde, deren Spitze durch eine Armvene oder die V. subclavia bis in die obere Hohlvene vorgeschoben wird. Der normale ZVD beträgt 5 cm H2O. Bei Volumenmangel ist der ZVD erniedrigt, bei übermäßiger Volumenzufuhr erhöht, ebenso bei Rechtsherzinsuffizienz, sofern bereits im rechten Vorhof der Druck erhöht ist. Bei isolierter Linksherzinsuffizienz ohne Lungenstauung ändert sich der ZVD nicht. Eine elektronische Messung des ZVD ist möglich.
Fehlermöglichkeiten bei der ZVD-Messung sind:
falsche Katheterlage oder Nullpunkteinstellung, Steigerung des Drucks im Brustkorb durch Pressatmung, Überdruckbeatmung, Husten oder Unruhezustände.
Fehlerquellen bei
der ZVD-Messung
2.2.9 Apparative Patientenüberwachung (Monitoring)
Bei jedem Schwerkranken, insbesondere bei akuten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist eine fortlaufende apparative Registrierung lebenswichtiger Funktionen bzw. entsprechender Messgrößen unerläßlich. Sie erfolgt mit sog. Monitoren. Die überwachten lebenswichtigen Werte nennt man Vitalwerte, z.B. Körpertemperatur, Atemtätigkeit, Blutdruck, Pulsfrequenz, EKG, EEG. Optische und/oder akustische Alarmanlagen ermöglichen die Soforterkennung bedrohlicher Abweichungen der Vitalwerte innerhalb bestimmter wählbarer Grenzen. Vitalwerte
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2.2.10 Echokardiographie
Bei der Echokardiographie handelt es sich um eine unblutige, sehr aussagefähige Methode zur Erfassung anatomischer Strukturen des Herzens mittels Reflexion von Ultraschall. Mit Hilfe eines piezo-elektrischen Kristalls, dem sog. Transducer, werden Schallwellen von 2,5-5 MHz erzeugt, die von Grenzflächen zwischen Strukturen mit unterschiedlichem Schallwellenwiderstand teilweise reflektiert werden. Der Schallkopf fungiert als Sender und Empfänger. Die Echokardiographie hat als risikofreie, nicht belastende, jederzeit wiederholbare Methode eine enorme Bedeutung erlangt, da mit ihr anatomische Veränderungen und Funktionsstörungen des Herzens erfaßt werden können. Sie eignet sich besonders gut zum Nachweis von Herzklappenfehlern, Perikardergüssen, Veränderungen einzelner Herzabschnitte (Vorhöfe, Kammern, Septum) und erlaubt weiterhin eine Beurteilung der Pumpleistung (Ventrikelfunktion) des Herzens. Bei der eindimensionalen Untersuchungstechnik, der sog. M-Mode-Technik werden die systolisch-diastolischen Bewegungen der betroffenen Strukturen registriert. Das zweidimensionale Schnittverfahren erlaubt eine zweidimensionale Echtzeitdarstellung des Herzens in verschiedenen Achsen (s. Abb. 7). Vorteile der
Echokardiographie
Abb. 7: Zweidimensionale Echokardiographie (2-D-Technik) in verschiedenen Schnittebenen. LA = li. Vorhof, LV = li. Kammer, RA = re. Vorhof, RV = rechte Kammer, AO = Aorta, PA = Pulmonalarterie

Abb. 7

Abb. 7
Mit der sog. farbkodierten Doppler-Echokardiographie können Herzklappeninsuffizienzen, intrakardiale Shunts sowie Änderungen der Flussrichtung und Geschwindigkeit des Blutes innerhalb des Herzens quantitativ erfaßt werden.
Farbkodierte Doppler-
Echokardiographie
Bei der transösophagealen Echokardiographie (TEE) sind Schallquelle und -empfänger auf einem Gastroskop angebracht. Die Untersuchung erfolgt über die Speiseröhre und erlaubt eine verbesserte Erkennung von Thromben im linken Vorhof, endokarditischen Veränderungen der Herzklappen oder der Dissektion eines Aortenaneurysmas. TEE
2.2.11 Vorhofstimulation
Durch gezielte elektrische Stimulation des Vorhofs mittels einer Schrittmachersonde kann die Funktion des Sinusknotens überprüft werden. Des weiteren ist durch schnelle Vorhofstimulation eine Behandlung bestimmter Rhythmusstörungen, wie z.B. Vorhofflattern, möglich.
2.2.12 Myokardszintigramm
Bei der Myokardszintigraphie wird während körperlicher Belastung am Fahrradergometer intravenös radioaktives Thallium (Thallium-201) injiziert, die Thalliumaufnahme in der Herzmuskulatur wird szintigraphisch registriert. Die Methode eignet sich gut zum Nachweis einer koronaren Herzkrankheit und ist für den Patienten weitgehend risikofrei. Andererseits ist sie jedoch mit erheblichem Zeit- und Materialaufwand verbunden und sehr teuer. Durch die intravenöse Gabe von radioaktivem Technetium (Technetium-99) können Kontraktionsfähigkeit und Auswurfleistung des linken Ventrikels bestimmt werden. Hauptindikationen sind koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt und Bypass-Kontrolle. Vor- und Nachteile
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Linus Geisler: INNERE MEDIZIN. 17. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart Berlin Köln
© 1969/1999 W. Kohlhammer Verlag
Autorisierte Online-Veröffentlichung: Homepage Linus Geisler - www.linus-geisler.de
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